Nichts wird in der Immobilienbranche seit geraumer Zeit intensiver diskutiert als die Frage, wann die Zinswende kommt. Zuletzt wurden zwei Studien veröffentlicht, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Lesen Sie in unserem Beitrag das Wichtigste zu den beiden Erhebungen.
Ein Großteil der deutschen Banker geht davon aus, dass die europäische Zentralbank den Leitzins 2019 anheben wird. Das ist das Ergebnis des aktuellen EY Bankenbarometers Deutschland. Der Studie der Unternehmensberatung zufolge erwarten 67%, dass der Leitzins 2019 und 27% dass er nach 2019 steigen wird.
Für die Erhebung befragte ein unabhängiges Marktforschungsinstitut im April dieses Jahres Banker aus 120 Geldhäusern. Die meisten von ihnen blicken demnach, was die Wirtschaft betrifft, optimistisch in die Zukunft. 65% von ihnen erwarten, dass sich die allgemeine Wirtschaftslage in Deutschland in den kommenden 12 Monaten leicht verbessern wird. 2017 hatten das nur 45% angegeben.
In der aktuellen Erhebung sagten sogar 2% der Befragten, dass sich die Wirtschaftslage ihrer Ansicht nach deutlich verbessern wird. Im vergangenen Jahr hatte niemand diese Antwort gegeben. Als größtes Risiko für die Konjunkturentwicklung bewerteten die Banker die veränderte US-Außen- und Wirtschaftspolitik. 43% sehen hier ein hohes Risiko.
Konditionen für Immobilienkredite bleiben stabil
Die Marktforscher befragten die Banker auch dazu, wie sich die Konditionen für die Kreditvergabe in ihrem Haus voraussichtlich entwickeln werden. Die Konditionen für Firmen-, Immobilien- und Ratenkredite werden aus Sicht der Banker demnach tendenziell stabil bleiben bis sich verschärfen. Bei Immobilienkrediten erwarten 65% keine Veränderung, 32% eine dem Risiko entsprechende Anpassung der Konditionen nach oben.
Nachfrage nach Immobilienkrediten und Anlageprodukten könnte steigen
Außerdem gehen viele der befragten Banker davon aus, dass die Nachfrage nach Konsumenten- und Immobilienkrediten in den kommenden 12 Monaten steigen wird. 46% erwarten, dass mehr Kunden als bislang einen Immobilienkredit abschließen möchten. 52% gehen von einer gleichbleibenden Nachfrage aus. Bei Konsumentenkrediten rechnen 49% mit einer höheren Nachfrage. Dass Anlageprodukte stärker als bislang nachgefragt sein werden, erwarten 39% der befragten Banker. Bei Spar- und Einlageprodukten gehen 24% davon aus, dass die Nachfrage in den kommenden zwölf Monaten steigen wird.
BF.direkt sieht noch keine Zinswende
Der aktuelle Marktradar der BF.direkt beschäftigt sich mit der Zinsentwicklung. Darin heißt es, dass die Handelsstreitigkeiten zwischen USA und anderen Staaten Konjunkturforschern und Zentralbanken weltweit Kopfzerbrechen bereiten. Die Auswirkungen auf Inflation und Zinsniveau seien auf keinen Fall eindeutig. Zum einen bestehe die Gefahr, dass sich die Konsumentenpreise erhöhen, weil der internationale Handel zurückgeht. Dadurch könne die Inflation beschleunigt steigen. Wahrscheinlich wären Zinserhöhungen seitens der Zentralbanken die Folge. Zum anderen sei aber damit zu rechnen, dass sich Handelskonflikte negativ auf die Konjunktur auswirken. Das führe zu Unsicherheit auf den Märkten. Daher würden sich Investoren und Konsumenten wahrscheinlich mit ihren Ausgaben zurückhalten. Dies würde wiederum die Inflation dämpfen.
Dem Marktradar der BF.direkt zufolge sei davon auszugehen, dass die Europäische Zentralbank bei einem drohenden konjunkturellen Abschwung erstmal nicht aus der noch immer sehr expansiven Geldpolitik aussteigen werde. Daher werden wohl trotz der Inflationswarnung des IWF die Leitzinsen niedrig bleiben. Dennoch sollten langfristige Verbindlichkeiten nunmehr auch langfristig abgesichert werden. Es sei nicht damit zu rechnen, dass die langfristigen Zinsen nochmals sinken werden.
Fazit
Während das EY Bankenbarometer zu dem Schluss kommt, dass nächstes Jahr die Zinswende beginnt, kann der Marktradar der BF.direkt diese Entwicklung noch nicht sehen. Als Grund führen sie an, dass die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und anderen Staaten zwar zu erhöhter Inflation führen könnte, die Europäische Zentralbank jedoch erstmal bei der expansiven Geldpolitik bleiben würde.